Mittwoch, 22. April 2009

Matutin, Laudes, Prim Terz, Sext, Non, Vesper, Complet

Acht, oder sogar zehn Stundengebete kennt die alte, genauer gesagt uralte Ordnung der Horen. In Treue zur Schrift hielten sich Orden und Klerus und Laien an die Ordnung der Stundengebete, die der Psalmist vorgibt: 
   Ich lobe dich des Tages siebenmal um der Rechte willen deiner Gerechtigkeit. (Psalm 119, 164)
   Zur Mitternacht stehe ich auf, dir zu danken für die Rechte deiner Gerechtigkeit.(Psalm 119, 62)
   Benedikt von Nursia faßt dies in Kapitel 16 seiner Regel so zusammen:Es gelte, was der Prophet sagt: "Siebenmal am Tag singe ich dein Lob."
   Diese geheiligte Siebenzahl wird von uns dann erfüllt, wenn wir unseren schuldigen Dienst leisten zur Zeit von Laudes, Prim, Terz, Sext, Non Vesper und Komplet;
denn von diesen Gebetsstunden am Tag sagt der Prophet: "Siebenmal am Tag singe ich dein Lob."
   Von den nächtlichen Vigilien sagt derselbe Prophet: "Um Mitternacht stehe ich auf, um dich zu preisen."
   Zu diesen Zeiten lasst uns also unserem Schöpfer den Lobpreis darbringen wegen seiner gerechten Entscheide, nämlich in Laudes, Prim, Terz, Sext, Non, Vesper und Komplet. Auch in der Nacht lasst uns aufstehen, um ihn zu preisen.
   Allerdings hat es "dem Heiligen Konzil gefallen", die Matutin unter bestimmten Umständen zu einer zu jeder Tageszeit zu haltenden Lesehore umzugestalten. Die "Prim soll wegfallen" heißt es lapidar in Sacrosanctum Concilium 89 b). Eines der unergründlichen Rätsel, die uns das II. Vaticanum hinterlassen hat.

Hier beghine onser liever vrouwen ghetiden

   "Hier beginnt unserer Lieben Frau Gezeit" So könnte man den niederdeutschen Text übersetzen, der mit diesem kleinen Bild versehen ist. Der Text leitet ein Kleines Officium der Seligen Jungfrau Maria ein aus einem um 1500 entstandenen Stundenbuch..
   Das Officium parvum Beatae Mariae Virginis war nur ein Teil des "horarium", des Stundenbuchs, wenn auch der mit Abstand beliebteste. Ganze Kapellen hat man, unter anderem in Norddeutschland, nur diesem Gebet gewidmet. Bruderschaften wurden gegründet, deren einziger Zweck das regelmäßige Gebet des Officium parvum war, Sängerchöre wurden gestiftet, die einzig die Aufgabe hatten, zum Seelenheil ihres Stifters dieses Gebet zu singen. 
   Die Blütezeit der "Marientiden" begann im 15. Jahrhundert, vor allem gebildete und des Schreibens und Lesens kundige Laien widmeten sich diesem Gebet, zunächst als Ergänzung, dann als kleinere und für Laien leichter zu bewältigende Alternative zum Stundengebet der Kirche. Wie wohlhabend die Beter waren, läßt sich an der häufig prachtvollen und aufwendigen Gestaltung dieser Stundenbücher ablesen, die keineswegs Statussymbol, sondern vor allem Ausweis der Frömmigkeit und Devotion ihres Besitzers waren.
   Die Reformation beendete die Blüte dieser Gebetspraxis, auch die Modernisierung der Liturgie der katholischen Kirche tat ihren Teil dazu. Das motu proprio "Summorum Pontificum" Benedikts XVI hat nun einen Weg eröffnet, mit der "Rehabilitierung" des vorkonziliaren Breviers, auch diese alte, innige, marianische Gebetspraxis wiederzubeleben.